Der Diercke-Atlas setzt auf Präzision und Vergleichbarkeit
Welche Weltsicht ist die richtige? In der Kartographie ist das nicht nur eine Frage der Perspektive, sondern auch eine Frage der Projektion: Die Kugeloberfläche der Erde soll schließlich möglichst wirklichkeitsgetreu auf eine zweidimensionale Karte übertragen werden. Abstriche müssen dabei allerdings stets in Kauf genommen werden – Verzerrungen sind unumgänglich. So hat die Bostoner Schulbehörde sich jetzt von der traditionsreichen Weltkarte nach Mercator verabschiedet. In deutschen Schulen haben Lehrer und Schüler Kartenmaterial zur Verfügung, das mit verschiedenen Mitteln Formen und Proportionen so präzise wie möglich darstellt: im Diercke-Atlas.
In Boston sahen die Schülerinnen und Schüler die Welt nach der Projektion von Gerhard Mercator. Diese Weltkarte zeigt Länder in Polnähe immer stark vergrößert – deshalb erscheint beispielsweise Europa im Verhältnis zu Afrika dominant. Die Mercator-Karten sind auch in Deutschland sehr geläufig. In den Diercke-Atlanten kommen sie jedoch schon lange nicht mehr zum Einsatz – ebenso wenig wie Karten nach der Peters-Projektion, die in Boston jetzt bevorzugt werden sollen.
Thomas Michael, Geschäftsführer Kartographie/Geographie in der Westermann Gruppe, erklärt, wo das Problem liegt: „In der Peters-Projektion sind die Kontinente, wie ich sie auf dem Globus sehe, nicht wieder zu erkennen. Sie haben großenteils eine zu längliche Form, so dass die Lagebeziehungen einzelner Länder nicht stimmen.“ Da in den Mercator-Karten jedoch die Größenverhältnisse der Länder verzerrt werden, greift man bei Weltkarten in den Schulatlanten der Westermann Gruppe auf einen Kartennetzentwurf zurück, der zwischen Flächen- und Formtreue der Kontinente einen Mittelweg sucht. Er heißt Winkels-Entwurf, stammt aus dem Jahr 1915 und verteilt die unvermeidlichen Verzerrungen so über die Karte, dass die Form der Kontinente möglichst ähnlich zu ihrer Gestalt auf dem Globus bleibt.
Um die Größenverhältnisse anschaulich zu machen, zeigen Westermann-Atlanten alle Kontinente im gleichen Maßstab und in flächentreuen Kartenprojektionen. Europa passt auf eine Doppelseite, für Afrika werden zwei benötigt. Damit die Schülerinnen und Schüler aber auch ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass es die eine, objektiv richtige Kartendarstellung nicht geben kann, führt der Diercke Weltatlas mit einer Doppelseite in die Problematik der Projektionsformen ein.